Das Album: Nightfall in Middle-Earth
Die Texte des Booklets, ins Deutsche übersetzt
Wie der Albumname Nightfall in Middle-Earth schon vermuten lässt ist es komplett dem Thema Mittelerde gewidmet, genauer gesagt den Geschichten aus dem Silmarillion. Blind Guardian versteht es sehr gut, diese Geschichten mit Hilfe ihrer ihrer Musik zu verknüpfen. Wir haben euch die Songtexte und die deutsche Übersetzung gegenübergestellt. An dieser Stelle möchte ich Lestat ganz ganz herzlich für die komplette deutsche Übersetzung der Liedtexte und der Texte aus dem Booklet danken!
1. Der Gnom |
Mit der Dunkelheit kam die Stille. Doch in der Stille liegt der Wahnsinn. Stille umgibt mich – Grabesstille. Gefangen in dem Verlies meiner dunkelsten Gedanken sind mir alle Tore zurück in die Welt des Lichts verschlossen. Die Hoffnung auf Erlösung liegt hinter mir und vor mir liegt eine schier endlos andauernde Ewigkeit Ardas. Getrennt von den meinen und von ihnen geächtet, wandere ich als Unsterblicher unerkannt unter den Sterblichen umher. Ziellos wie ein Blatt im Winde. Nur der Wind kennt mein Klagen, nur das Meer versteht meine Qual. Auch sie haben sich von mir abgewandt und offenbaren sich mir nicht mehr. Müde und alt bin ich, doch sterben kann ich nicht. Fort in mir lebt der Fluch, der den Eid überdauerte. Jenseits des Meeres, heisst jenseits meiner Hoffnung. Wie so oft entstand auch mein Leidensweg durch eine Aneinanderreihung von Zufällen. Doch sind Zufälle nicht die Boten des Schicksals? Alles ist vorbestimmt und obwohl ich nur eine Spielfigur in den Wirren der Geschichte war, muss ich auf ewig für Vergangenes büssen. Doch folge ich lediglich dem Willen des Einen. Ich zerstörte die Hoffnung. Edel war einst die verlumpte Gestalt, die vor euch steht, einem Bettler gleich. Der Krieger wurde zum unsterblichen Greis. Weisheit wich dem Wahnsinn. Eine Stimme, sanfter als milder Wind, erfrischender als klarstes Quellwasser nannte ich mein eigen. Doch vom Gram und Trauer ermüdet, klingt sie nun dünn und heiser. Bald schon wird es besser sein, auf immer zu schweigen. Nichts ist mir geblieben. Die Macht der Worte war mein. Doch schwieg ich, als ich hätte sprechen sollen und sprach ich, als ich hätte schweigen sollen. Worte von großem Verhängnis entrannen mir und schon damals erkannte ich die Endgültigkeit meines Versagens, Verdammnis! Vertraute Sternenbilder beginnen zu schwinden. Auch der Himmelsozean scheint müde. Doch noch liegt das Ende in weiter Ferne. Und somit die Erlösung. |
2. Das Unheil |
Schrecklich und unbarmherzig endeten die Tage des Exils. Angst durchbohrte unsere Herzen und brachte Eiseskälte. Es war Nacht und kein Stern durchbrach den Mantel der Schrecklichen. Endlose Schatten umgaben uns. Dem ewigen Kummer folgten die erbarmungswürdigen Klagegesänge von den Küsten. Doch niemand erschien, der den Wehklagenden Trost spenden konnte. Auf immer erloschen, standen die einst herrlichen Bäume nun kraftlos und tot. Die Jagd nach den Übeltätern verlief in Nichts. Verzweiflung wurde geboren und mit ihr wuchsen Misstrauen und Hass. Letztlich sollte es jedoch meine Sippe sein, die den Triumph der unheiligen Allianz komplettieren würden. Niemals erfuhr ich wirklich was in der Stunde des Unheils im Rat des Ringes besprochen wurde. Ich vertraute und glaubte aber den Worten des Vaters. Gross in allen Dingen war er. Niemandem sonst war es vergönnt, solche Dinge zu vollbringen. Doch zu sehr liebte er der eigenen Hände Werke. Für sie verriet er sich, seine Söhne und das Licht der Welt. Ein mächtiges Feuer brannte tief in ihm. Zu groß und zu gewaltig jedoch erschien Flamme für Körper und Geist, dem es innewohnte. Niemals zuvor verspürte ich Angst. Das sollte sich ändern, als die schier undurchdringliche Wolke puren Übels in unsere Festung drang. So starke Panik überfiel meine Brüder und mich, dass nur die Flucht blieb. einen kurzen Augenblick lang war es mir vergönnt, in diese unheimliche, nahezu undurchschaubare Masse blicken zu können. Was ich sah, raubte mir den Atem und lehrte mir die Furcht. Niemals vergass ich den kalten, nimmersatten, von boshafter Leere erfüllten Blick der Spinnenfrau, die gierig mit ihren matten, toten Augen dem flüchtenden Leben hinterher schaute. Ein gewaltiges, hoffnungsloses Nichts, das alles in starre hässliche Bedeutungslosigkeit verwandelte. Ihr haariger Körper hatte bereits gigantische Maße angenommen, so dass selbst der Dunkle Herrscher klein und schwach neben ihr wirkte. In tiefster Verzweiflung verweilten wir, aller Schätze beraubt, fern der Festung. Viele weinten bitterlich, denn ein grosser König hatte sein Leben gelassen. Das unsterbliche Land hatte den Tod kennen gelernt und die Gemmen waren verloren. Mit den Gemmen schwand die Hoffnung. Der Schwarze Feind der Welt, so nannte ihn mein Vater, kehrte heim mit fetter Beute und liess sich zum König der Welt ausrufen. |
3. Der Eid |
Ein Schleier des Vergessens liegt über Vielem, doch erinnere ich mich recht deutlich an den Tag des Schwurs. Ohne Zweifel waren es Vaters Worte, so dachten wir – voller Herrlichkeit, wilder Lust und meisterlich geschickt von ihm vorgetragen – die uns die Schwerter zum Schwur erheben ließen. Nie hätte dies geschehen dürfen. Auf schicksalhafte Weise beschworen wir so den Untergang herbei. Von flammenden Worten beseelt, erwachte in uns das Verlangen nach neuen Ländern und nach grausamer Rache. Voller Stolz pochte mein Herz, als sich der Bote des Herrn der Lüfte zum Abschied vor meinem Vater verbeugte. Nichts schien uns wirklich aufhalten zu können. Selbst die Größten waren voller Erfurcht. |
4. Der Aufbruch |
Dem Untergang geweiht, zogen wir fort, um Schmerz zu erleiden. Die Sehnsucht nach Erlösung keimte bereits auf, als das Unheil noch in weiter Ferne lag. Trauer lag hinter uns, doch der lichtlose Tag verhieß nichts Gutes. Ungewissheit lag in jedem Schritt, doch ließ der Stolz uns weitergehen, erhitzt und erfüllt von den Worten eines einsamen Mannes, dessen Seele lichterloh brannte. Nie war es leicht, die tiefen und hässlichen Abgründe der Seele eines geliebten Freundes, oder Verwandten zu erblicken und ihre verheerenden Auswirkungen zu erkennen. Doch diese Abgründe sind vorhanden, in jedem von uns. Nichts wiegt schwerer als die Erkenntnis, dass nichts und niemand unfehlbar ist. Unverständlich waren mir diejenigen, die der Partei meines Onkels folgten. Oh, wie haste ich diesen Teil meiner Sippe! Schließlich sammelte sich der größte Teil unseres Volkes unter dem gewaltigen Sternenbanner, während nur eine scheinbar kleine Gruppe dem Banner des rechtmäßigen Königs folgte. Wenig Liebe empfand ich für meine ach so edlen Anverwandten, die viel Symphatie im Volke besaßen. Nie verstand ich, warum sie mitzogen. Nur mein ältester Bruder schien voller Trauer über den anhaltenden Disput in unsrer Familie. Doch waren wir es, die in erster Reihe fortzogen. Die Pfade sollten uns jedoch gemeinsam in unbekannte, finstere und unwirtliche Regionen führen – und schließlich ins Verderben. Von Ruhm und Glorie sollten wenige der Taten zeugen, viele aber von Trauer und Entbehrungen. |
5. Der Sippenmord |
Rot. Ich schließe meine Augen und erblicke den gewaltigen Strom aus Blut, der in das klare Wasser des Ozeans stürzt, um es mit unschuldigem Rot zu besudeln. Ich öffne meine Augen und blicke auf blutverschmierte Hände, die Klauen einer Bestie. Hässlich, verkrampft, mörderisch. In meinen Träumen schreite ich wieder und wieder mit den meinen auf die Schwanenstadt zu. Und obwohl ich spüre, dass unsere nächsten Schritte verhängnisvoll sein werden, ist es mir nicht möglich, den Lauf der Dinge zu ändern. Alles in mir schreit auf, doch schweige ich und folge bedingungslos. Wellenschaumreiter. Traumtänzer. Harmlos, genügsam, friedfertig. Niemand liebt die Freiheit mehr als sie. Ihr Gesang erfreut die Bewohner der Meere, die Musik der Meere erfreut die See-Elben. Doch jenseits der Mauern braut sich ein Sturm zusammen. Der Hafen liegt im Dunkeln. Noch ist er frei von Blut. Unsere Bitten, auf die Ansprüche meines Vaters Rücksicht zu nehmen, wird nicht entsprochen. Bewaffnet und entschlossen wird also genommen, was uns nicht gegeben wird. In Kampfes Rüstung stürmen wir die Boote, doch Seemanns Volk schmeißt uns, tanzenden Fusses, ins kalte Nass. Der Flug meines Volkes endet mit dem Sturz. Die Kühle des Meeres erhitzt unsere Gemüter, der Hass brodelt. Der Schmerz der Schmach muss vergolten werden – tausendfach. Wir ziehen unsere Schwerter. Der Kampf beginnt – kein normaler Kampf, sondern des Morden des Bruders. Tapfere, doch kampfunfähige Männer stehen uns schutzlos gegenüber. Aus den Körpern der noch lachenden Gesichtern, fliesst Blut. Das Lachen wandelt sich in Überraschung, die Überraschung wandelt sich in Furcht, die Furcht bringt endgültige Erkenntnis. Schon jetzt erklingt Klagegesang. Der Stimme eines einzelnen folgen viele. Dem grauenhaft schönem Klagegesang schließt sich das weinende Meer an. Bis zum Ende soll uns dieser Klang begleiten. Nichts, kein Wort, keine Tat, kein Gebet kann die Last, die wir in dieser Stunde auf uns nehmen, wiedergutmachen. Das Verlangen nach den Booten und damit der Erfüllung unserer Träume hat Vorrang vor dem Gewissen, Hilfeschreie, Kummerschreie, Todesschreie begleiten uns ein Leben lang. Wieder eilt niemand den trauernden Kindern des Meeres zur Hilfe. Das Meer weint. Das Wort des Herrn der Winde bindet die Grossen. In rasender Wut und mit Tränen, die nach Vergeltung für das an ihren geliebten Freunden begangene Unrecht schreien, weilen sie in den Tiefen der Ozeane. Keine andere Tat lastet schwerer. |
6. Der Fluch |
Bedrohlich sammeln sich schattenhafte Erinnerungen. Ein weiteres Mal durchschreite ich die graue Masse der Vergangenheit, um dies alles erneut zu durchleben. Äußerst real erscheint vor mir die einsame Gestalt, die reglos auf mich und die meinen zu warten scheint. Mit lauter Stimme verkündet der Bote des Herrn der Lüfte unser verhängnisvolles Schicksal. Bedrückt und verwirrt, schweigen alle und lauschen Vaters wilden Entgegnungen. Dann, wie in Trance, bewegen wir uns langsam fort. Nicht einmal blickte ich mich um, doch weiß ich, dass viele schuldbewusst und gedemütigt den Heimweg antreten. Immer weiter wandern wir entlang der eisigen Küste. Das Eis wird dichter, der Weg unwirtlicher. Unter tiefschwarzem Himmel, umhüllt von unfreundlichen Winden, hoffen wir auf Erfüllung unserer Träume. Dieser Gedanke leitet uns, nährt uns. Noch keimt Hoffnung. Die Endgültigkeit des Fluches scheint abwendbar. Gleich werden wir den letzten Keim zerstören: Insgeheim entfernen wir uns von Bruder und von Schwester. Wenig Platz bieten die Boote und unserer Leuten soll die Überfahrt ermöglicht werden. Der Fluch erwacht. |
7. Brennende Schwäne |
Vielleicht erkennt mein Bruder die Schande, doch auch er schweigt. Unsere Boote legen an und wir springen leichtfüßig ins seichte Wasser. Erstmals setzen wir Fuß auf den Boden der neuen Heimat. Schon brennen die Schwäne, der Stolz einer ganzen Nation. Blutrot färbt sich der Himmel, an dem nun die Sterne im glanzvollen Silber erstrahlen und teilnahmslos dem Treiben ihres Volkes zuzusehen scheinen. Nur ich erblicke die leidvolle Pein und die Tränen in den Augen meines Bruders. Mein Lachen stimmt in das der anderen ein, doch mein Herz weint bitterlich. Ich beginne zu verstehen. Auf der anderen Seite des Meeres, nicht weit entfernt und doch fern, erkennt man unseren Verrat. Auf eine lange beschwerliche Reise machen sich die Zurückgelassenen, die nur von einem Begehren vorangetrieben werden: Rache. Der Fluch nimmt seinen Lauf. |
8. Höchster Ruhm und tiefstes Leid |
Erstmals sahen wir uns dem Feind gegenüber. Noch waren wir erfüllt vom Glanz des Segenreiches und so fiel es uns nicht allzu schwer, die spärlichen Truppen zu vernichten. Unser größter Sieg sollte die Schlacht unter den Sternen sein – und bleiben. Doch auch im Triumph lag Verderben. Wieder bewahrheiteten sich die Worte des Boten. In den kargen Bergen lag Vaters verbrannter und verzehrter Körper gebrochen nieder. Ein letztes Mal blickte er auf die mächtigen Türme, die das Wahrzeichen des Feindes waren und unheilvoll in die Höhe ragten. Was fühlte und erkannte wohl mein Vater in dieser Stunde? Kaltes Entsetzen und tiefes Verstehen lagen in seinem letzen Blick. Warum ließ er uns den Schwur erneuern. Wusste er doch von der Aussichtslosigkeit unseres Vorhabens. Ein weiters Mal opferte er uns. Sein feuriger Geist verließ den gebrochenen Körper, kurz nachdem wir den Eid geleistet hatten. Nichts als Asche bleib vom Größten unseres Volkes zurück. Asche, die der heulende Weg mit sich trug. Mein Vater kehrte ein ins Haus der Seelen, bevor der Alptraum überhaupt erst richtig begonnen hatte. |
9. Qualen, Hoffnung, Qualen |
Zwar erkannten wir die List, doch konnten wir den bösen Absichten unseres Widersachers nicht entrinnen. Gefangen, gedemütigt und für uns unerreichbar, wurde mein Bruder in den Höhen der gewaltigen Berge an einen Fels gekettet. Verzweifelt und erschöpft harrte er dort, vergeblich auf Erlösung wartend, aus. Der Mond erschien am Firmament. Und mit ihm der von Eiswüsten zurückgelassene Teil unseres Volkes. Endloses Leid hatten unseres Leute durchwandert und tausendfach selbstlose und große Taten vollbracht. Stolz und ohne Furcht marschierte die riesige Schar durch das Land, und ihr Führer ließ ein blaues Banner hissen, als hinter ihm flammend die Sonne schien. Vor den Toren des Feindes erklangen seine Trompeten und erschütterten die gewaltigen Türme der Festung. Der dunkle Herrscher hatte seinen Feind erkannt, doch unberührt zog dieser davon. Fortan lebten wir getrennt von den unsrigen, denn zu tief war unsere Schuld. Mit der Sonne erschienen weit entfernt im Osten die Sterblichen oder Zweitgeborenen. Die Kinder der Sonne wanderten langsam dem Licht und damit unseren Reichen entgegen. |
10. Ruhmreiche Zeiten |
Für kurze Zeit sollten die Wunden unseres Volkes noch einmal gelindert werden. Durch meines Cousins selbstlose Tat konnte mein Bruder aus der unbarmherzigen Gefangenschaft befreit werden. Doch hoch war der Preis. Wir waren enteignet aber nicht heimatlos. Der Sternenbanner war nun Herrschaftszeichen unseres Volkes. In jener Zeit erschien es uns, als seien die kummervollen Tage endgültig Vergangenheit. Tiefe Freundschaft entstand zwischen uns und unseren Sippenbrüdern – jenen, die nie das Licht des Segenreiches gesehen haben. Der Handel und der gemeinsame Feind verband uns mit den Zwergen. Wenig gaben diese jemals von sich preis und immer waren sie mir fremd. In Frieden lebten wir also und glaubten uns dem dunklen Feind überlegen. Der Schein trog. Voller Selbstvertrauen kontrollierten wir das Land und belagerten den Feind. Meine Brüder und ich hatten eine neue Heimat gefunden, die wir stolz regierten und vor allen Angriffen schützten. Leicht fiel es uns, den Attacken des dunklen Herrschers entgegen zu treten und die von Hass und Furcht erfüllten Kreaturen zu besiegen. Der Fluch schien vergessen. Keiner der noch wirklich an ihn glaubte. Wir beherrschten das Land. Nur wenigen kam in den Sinn, das der Sturm zurückkehren könnte. schrecklicher und grausamer denn je zuvor. Insgeheim errichteten zwei Fürsten von hoher Herkunft Orte der Zuflucht. Ihnen war es, als läge Hoffnung nur im Verborgenen. Nie trauten sie dem Frieden. Weise war ihre Voraussicht und doch trügerisch. Ein letztes Mal sollten wir einen gewaltigen Ansturm des dunklen Herrschers ruhmreich zu unseren Gunsten entscheiden. Die Glorreiche Schlacht bestärkte uns im Glauben, dem schwarzen Fein gewachsen zu sein. |
11. Die Ruhe vor dem Sturm |
Immer noch hielt die Belagerung und immer noch hielten wir am Glauben in unsere eigene Stärke fest. Wir verkannten die Zeichen. Der goldene Vater der Drachen, noch jung und von seiner späteren Stärke noch weit entfernt, kroch aus den Tiefen der feindlichen Festung hervor. Geformt in den grausamen Schmieden, sollte er erstmals Demütigung erleiden. Wieder erlangte der Erbe des Hohen Königs großen Ruhm. Auch ich war voller Bewunderung für ihn. Er war es, der in tiefer Freundschaft zu uns stand und Vergangenes vollkommen vergeben hatte. Wie kein anderer wurde er von unserem Fluch erfasst. Wie kein anderer litt er am Vergangenen. |
12. Gerüchte und schmerzliche Wahrheit |
Was wir lange verborgen hielten, brach ohne Vorwarnung hervor. Meine Brüder und ich wurden erneut zu Verdammten. Das Misstrauen und der Hass traf unser Haus, was uns jedoch wenig störte. Von kaltem Hochmut getrieben, verlangte es uns ununterbrochen nach den gestohlenen Schätzen. Unser Ziel, sie zurück zu gewinnen, ließ alles andere unwichtig erscheinen. Müde Lächelnd, ertrugen wir die Abneigung, falls wir sie überhaupt wahrnahmen. Zauberhafte Stimmen verklangen, wenn ich mit strahlenden Tönen und in großer Harmonie dem Treiben der Wald-Elben beiwohnen wollte. Scheinbar unberührt, doch innerlich aufgewühlt, sang ich alleine weiter und es schien mir, als würde man meinem Gesang noch kurze Zeit lauschen, bevor man sich dann lautlos und im Schutze der Bäume rasch davonmachte. Es fiel mir nicht schwer, die Gedanken der Davonlaufenden zu erraten. Meine Stimme liebten sie, doch den Körper und den Geist, dem sie innewohnte, verabscheuten sie aufs Tiefste. In diesem Bereich der Welt wurde unsere edle Sprache nur noch im geheimen gesprochen. Die Sprache der Sippenmörder. |
13. Veränderungen |
Etwas zur gleichen Zeit wurde weit entfernt in dunklen Wäldern der Sohn des Unheils geboren. Nie sprachen wir miteinander, doch verband uns ein ähnliches Schicksal. Das Schicksal des Verräters. Alles in ihm verlangte nach Licht und Liebe, doch nichts als Zerstörung sollte er über beides bringen. Unter edler Schale verbarg sich unentdeckt und geschützt die Saat des Bösen. Langsam reifte sie heran. Plötzlich und unerwartet erschienen die Menschen. Skeptisch hießen wir unsere jüngeren Geschwister willkommen. Zu unterschiedlich kamen uns die Nachzügler vor. Wir liebten den Mond, sie verehrten die Sonne. Schnell erkannten wir, dass auch auf ihnen ein dunkler Schatten lastete. Dennoch schlossen wir Bündnisse. Das Verhängnis nahm seinen Lauf. |
14. Chaos |
Panik erfüllt mich, wenn ich an die Hitze der Feuerwellen denke, die uns gemeinsam mit den blutrünstigen Armeen überkam. Schnell waren Länder verwüstet und einmalige Schönheit vernichtet. Der Tod hielt fette Beute. Die Seelen der Sterblichen machten sich auf eine Reise, deren Ziel unbekannt blieb, Elbenkörper lagen gebrochen und verbrannt in der verkohlten Einöde herum. Viele kehrten in das Haus der Seelen ein, um dort körperlos bis ans Ende der Zeit zu verweilen. Wir verloren unsere Heimat. Grenzenlos war die Trauer und ohne Ende erschien uns der Krieg. Die Brände erloschen erst, als der Zyklus des Erwachens den tödlichen Winter beendete. Karg und verwüstet war das Land. Der Gestank des Verderbens sollte das ganze Jahr überdauern. Die Kunde vom bitteren Ende des Hohen Königs stahl uns alle Hoffnung. Sehr spät erfuhren wir von seinem glorreichen Kampf und von den Wunden, die er unserem Hauptwidersacher zufügte. Mit ihm und den Seinen verband das Volk und selbst ich eine bessere Zukunft. Deutlich wurde uns vor Augen geführt, in welch aussichtsloser Lage wir uns befanden. Es gab kein Zurück. Alle Wege waren uns versperrt. Die Sehnsucht nach der für uns verschlossenen Heimat wuchs in jedem. Mit dem Kummer verschwand der Glanz. So wie die Farben der Natur schwächer geworden waren, so entwich aus uns die Jugend. Matt und müde wirkten wir fortan. Nur wenig ruhmreiche Taten, in diesen Tagen begangen, überdauerten die Jahrhunderte. Die Freunde der Elben hingegen erlangten großen Ruhm, einer sogar unsterbliche Liebe. |
15. Unsterbliche Liebe – Ewiger Fluch |
Das innere Verlangen nach unserem rechtmäßigen Eigentum lebte fort und schlief nie. Dieses Begehren mutierte im Laufe der Jahrhunderte zu unermesslicher Gier. Die Qualen, welche wir immer wieder in die Welt setzten, kümmerten uns nicht. Wie vom Wahn getrieben, zerrte es uns nach dem Licht, welches unerreichbar schien. Plötzlich erreichte uns seltsame Kunde von Schönheit und Wundern die alles auf den Kopf stellte: „Alles ist vorherbestimmt, doch reine Liebe vermag selbst dies zu ändern! Schwer wiegt der Preis für das schönste Kind der Welt. Leicht spricht der Weise verhängnisvolles. Doch einmal heraus, kann manches nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Der Sterbliche greift nach den Sternen und soll mit einer Hand bezahlen. Doch von Erfolg soll der Tanz gekrönt sein. Das Grauen liegt in schweren Träumen und die Reinen können das Reine berühren. So also kann die Braut ausgelöst werden und auch der Tod kann die beiden nicht trennen. Unsterblichkeit wird eingetauscht gegen Ungewissheit. Unterschätze niemals die Macht der Liebe!“ Nicht ohne Anteil waren meine Brüder am Verlauf dieser Geschichte. Auch sie lernten die Macht der Liebe schmerzvoll kennen. Das Segenreich wendete sich endgültig gegen uns. Wir waren verloren. Erfurcht und Angst empfanden wir, doch stärker war der Schwur. Ein Stein lag in greifbarer Nähe und bedeutete Verderben. |
16. Heimatlos, besitzlos, verraten |
Niemandem aus unseren Reihen war es vergönnt, eine wahrhaft heldenhafte Tat zu vollbringen, auch wenn es der Versuche nicht mangelte. Sie alle schlugen fehl. Ein letztes Mal wollten wir dem Feind zuvorkommen und zogen gegen ihn. Mächtig war unser Heer, doch Verrat sollte uns besiegen und die beiden Rassen entzweien. Vernichtend war die Niederlage. Nur dem Mut der Maskierten, verdankten wir unser Überleben. Heldenhaft ermöglichten sie mir und meinem Bruder die Flucht. Tapfer warfen sich die Zwerge mit ihren großen Streitäxten der Drachenbrut entgegen und vertrieben selbst den Goldenen vom Schlachtfeld. Bitter sollten sie mit dem Leben ihres Königs dafür bezahlen. Mein Cousin, hoher König des Volkes, fiel im aussichtslosen Kampf und mit ihm sein Banner. Auch die drei Häuser errangen großen Ruhm, doch ließen viele ihr Leben. Meine Brüder und ich hatten überlebt und mit uns der Fluch. |